Lieber Herr Dueck,
das finde ich ja alles richtig und wunderbar beobachtet.
Es ging mir um eine allgemeine Gesellschaftsanalyse, die sich durch Ihren Vortrag ja auch anbietet.
“Wissen” ist nicht dasselbe wie “Können”. Das ist ein Denkfehler, den Computermenschen immer wieder machen. Wissen kann man aus dem Internet ziehen – weshalb ja auch manche Experten aus dem Bereich AI auf die Idee kommen, man sollte Wissen einfach nur noch direkt in Gehirne downloaden. Können entsteht hingegen nur durch Einüben (körperlich), durch Beherrschung von Kulturtechniken. Das kann Ihnen jeder Pianist oder Sportler bestätigen. Um eine Sonate zu spielen, reicht es nicht, das Wissen um Klavierspielen aus dem Internet zu ziehen. In diesem Bereich gibt es auch keine Zeitersparnis.
Ihre Analyse ist völlig richtig, wenn man davon ausgeht, dass immer alles so weitergeht, Strom fließt, die Grundnahrungsmittel bei immer weniger körperlichen Einsatz durch maschinisierten Einsatz in der Landwirtschaft produziert werden. Dadurch entstehen natürlich auch immer mehr Arbeitslose. Und die sollen dann alle in den tertiären oder quartiären Sektor? Und lernen Pädagogik und Kommunikation. Den rest ziehen sie aus dem Internet oder bringen anderen bei, wie sie es aus dem Internet ziehen können.
So: und dann lassen Sie mal eine Gesellschaftsumwälzung kommen – Naturkatastrophe, Revolution (die sicher kommen wird angesichts der ungerechten Verteilung zwischen Industrienationen und aufstrebenden Nationen).
Und dann haben Sie hier Millionen fettleibige Kinder, die den ganzen Tag vor dem Computer gesessen und Wissen aus dem Netz gesaugt haben, aber keine 3 km mehr zu Fuß gehen können, ohne nach Luft zu japsen, kein Butterbrot selber schmieren können, von Brotbacken oder Weizenanbau, Holz fällen um zu heizen ganz zu schweigen. Und dann nehmen sie denen mal das Internet weg und sagen denen: wir müssen jetzt leider nochmal ganz bei Null anfangen. Da finden Sie niemand mehr, der alte Kulturtechniken noch beherrscht. Er kennt sie, ja, aber er beherrscht sie nicht.
Verstehen Sie, worauf ich hinauswollte?
Das konnte Ihr Vortrag natürlich gar nicht leisten oder beantworten, weil das auch gar nicht das Thema war.
Meine Hoffnung ist, dass die Y-Professionals von selbst einsehen, dass zur ganzseitig gebildeten Persönlichkeit auch die Einübung spezifischer Kulturtechniken gehört (weswegen sie ja auch ganz gerne am Wochenende mal zu Suvival-Camps gehen und ihre Kinder auf Waldorf-Schulen schicken, damit die auch mal “was mit den Händen” machen …;-))
Also nochmal: das war keine Kritik an Ihrem Vortrag, sondern ein Weiterspinnen der Zukunftsperspektive,
Grüße
DB